Baumschulverband zieht von Pinneberg nach Berlin

Pinneberger Geschäftsstelle wird verkauft – Landesvertretung geht nach Ellerhoop

Für Pinneberg ein schmerzlicher Schritt, für den Baumschulverband längst überfällig: Die Geschäftsstelle des Lobbyvereins wird nach Berlin verlegt. Damit verlässt er eines der größten Baumschulgebiete weltweit. Der Landesverband zieht nach Ellerhoop. Damit bleibt er immerhin im Kreis Pinneberg.

Pinneberg. Der Bund deutscher Baumschulen (BdB) zieht um. Spätestens bis 2015 will der Verband den Kreis Pinneberg und damit eins der weltweit größten zusammenhängenden Baumschulgebiete verlassen. Die Geschäftsstelle soll von der Pinneberger Bismarckstraße nach Berlin verlegt werden.

Der Beschluss wurde während einer Versammlung am 9. Januar gefasst, wie Hauptgeschäftsführer Markus Guhl gestern auf Anfrage bestätigte. „Zu den Fachthemen kommen immer mehr politische Themen. Es geht nicht nur darum, Informationen zu bekommen und Entscheidungsprozesse zu beeinflussen, sondern auch darum, selbst Themen zu setzen“, sagte Guhl. Mehr…

Biogas: Vom Bauernhof zum Testlabor

Rainer Bonnhoff aus Klein Offenseth-Sparrieshoop experimentiert mit neuen Rohstoffen

Weil die Monofruchtfolge auf den Maisäckern die Erträge schmälert und Anwohner wie auch Naturschützer gegen das öde Landschaftsbild wettern, denken Bauern über alternative Rohstoffe für ihre Biogasanlagen nach. Einer von ihnen ist Rainer Bonnhoff.

Rotkäppchen in Klein Offenseth: Mit sechs Anlagen werden Strom und Wärme für jeweils etwa 8000 Haushalte produziert. Foto: Thieme

Rotkäppchen in Klein Offenseth: Mit sechs Anlagen werden Strom und Wärme für jeweils etwa 8000 Haushalte produziert. Foto: Thieme

Klein Offenseth-Sparrieshoop. Meterhoch sind die Wände aus Silagemais auf dem Hof von Rainer Bonnhoff. Zwischen großen Gasbehältern breitet sich ein säuerlicher Geruch aus. „Etwa 100 Tonnen Biomasse gehen jeden Tag in die Anlagen“, sagt der Landwirt, der 2006 zum Energieuntermehmer wurde. Seitdem experimentiert Bonnhoff mit verschiedenen Rohstoffen, um seine Biogasanlagen effizienter zu machen. Mehr…

Zum Schnack in den Kuhstall

Ehemalige grüne Landwirtschaftsministerin aus Nordrhein-Westfalen besucht Bauern in Bönningstedt – Landwirte kritisieren Studie

Eine Studie der Hochschule Eberswalde, die von den Grünen in Auftrag gegeben worden ist, verärgert konventionelle Bauern. Sie fühlen sich an den Pranger gestellt. Mit der ehemaligen nordthein-westfälischen Landwirtschaftsministerin diskutieren sie im schleswig-holsteinischen Bönningstedt über die Zukunft der Familienbetriebe.

Bärbel Höhn (links) diskutiert mit den Bauern Resy de Ruijsscher und Jens Krohn über die Zukunft der Höfe. Foto: Tobias Thieme

Bärbel Höhn (links) diskutiert mit den Bauern Resy de Ruijsscher und Jens Krohn über die Zukunft der Höfe. Foto: Tobias Thieme

Bönningstedt. Wie soll es in Zukunft mit kleinbäuerlichen Familienbetrieben weitergehen? Wie können sich Bauern neue Einkommensquellen erschließen?
Auf Einladung der Kreisgrünen besuchte die ehemalige nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin und heutige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Bärbel Höhn, Milchbauern in Bönningstedt (Kreis Pinneberg). Mehr…

Die Sommermilch der Melkburen

Dossier: Bäuerliche Direktvermarktung in der Region Pinneberg

Biobauer Achim Bock aus Lutzhorn verkauft seine Milch seit zwei Jahren unter der Marke Vierjahreszeiten. Nun ist er mit vier Kollegen dem neuen Verein der Nordbauern beigetreten. Die Nordbauern wollen die Direktvermarktung in Schleswig-Holstein fördern.

Milchbauer Achim Bock verfüttert Heu an seine Kühe. Mit dem Unternehmen De Ökomelkburen ist er den Nordbauern beigetreten. Foto: Tobias Thieme

Milchbauer Achim Bock verfüttert Heu an seine Kühe. Mit dem Unternehmen De Ökomelkburen ist er den Nordbauern beigetreten. Foto: Tobias Thieme

Pinneberg/Lutzhorn. Am Nachmittag gibt’s nochmal eine ordentliche Forke Heu. Danach trotten die Kühe von Milchbauer Achim Bock auf die Weide in Lutzhorn. Dort wartet das Abendbrot aus frischem Gras. Später geht es für die 48 schwarz-bunten Holsteiner zurück auf den Hof und an die Melkmaschine, wo die Tiere ihre Sommermilch geben. Mehr…

Von der Kupp an die Spitze

Er hat’s geschafft: Sechs Jahre nach seiner Bewerbung ist Winzer Florian Lauer mit dem Ayler Familienbetrieb Mitglied im Verband Deutscher Prädikatsweingüter. Er ist damit das fünfte Mitglied aus der Verbandsgemeinde Saarburg.

Ayl. Etwa sechs Jahre lang hat Winzer Florian Lauer darauf hingearbeitet, Mitglied im Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) zu werden. Nun ist es so weit. Seit Anfang 2013 steht das Weingut Peter Lauer aus Ayl auf der Liste erlesener deutscher Güter, die sich in diesem Verband zusammengeschlossen haben, um Spitzenweine zu produzieren (der TV berichtete). Für Lauer ist das Auszeichnung und Verpflichtung zugleich. Mehr…

Schichtkäse Geschichte

Ein kleiner Milchviehbetrieb in Westfalen trotzt der Wirtschaftskrise

Es ist acht Uhr in der Frühe, das Münsterland erwacht langsam aus seinem Schlaf und ist noch in tiefes Dunkel gehüllt. Das Dunkel wird bald vom Grau abgelöst. Es regnet. Typisch Münster. Beim Verlassen des Wagens kommt dem Besucher kläffend Hofhund Jack entgegen. Zaudern. Ist er Freund oder Feind? Die schwere Holztür des Haupthauses schlägt, ein für Westfalen ungewöhnlich ausgelassenes „Moin, moin!“ schallt aus dem Vorgarten. Birgit Schulte Bisping ist auf dem Weg zur Arbeit. Der Weg ist kurz, denn ihr Arbeitsplatz ist die kleine Käserei der Hofstelle Schulte Bisping in Westbevern, einem verträumten 3000-Seelen-Nest nahe der Uni-Stadt Münster.

Birgit ist eine zierliche Frau von 43 Jahren, mit festem Händedruck. Man ist schnell beim „Du“. Die freundliche Begrüßung: „Schön, dass du gekommen bist.“ Die Käserei liegt gleich gegenüber dem Haupthaus: Früher ein Schafstall, vor Jahren umgebaut. Die Hygienevorschriften sind sehr streng. Weiße Kleidung, Haube und sagenhaft bequeme weiße Gummistiefel. Ahmet, türkischer Azubi, hat die Produktion von Schichtkäse vorbereitet, eine der gefragtesten Spezialitäten aus der Hofkäserei. Er schöpft pasteurisierte und mit Bakterienkulturen versetzte Milch, die jetzt fest wie Pudding ist, in kleine quadratische Förmchen mit vielen kleinen Löchern. Aus denen rinnt nun literweise die Molke. Der Schichtkäse muss jetzt stehen, abtropfen, sich setzen. Schichten von Käsemasse werden nachgegeben, daher kommt der Name. Man sieht die Hand vor Augen kaum, denn aus einem zweiten Kessel quellen dicke Nebelschwaden. Rohmasse für Joghurt wird hier abgedampft, damit das Endprodukt nicht zu flüssig wird.

Es klopft am Fenster: Birgits Mann Tönne bringt mit seinem Schlepper Nachschub: 500 Liter Milch sollen am Nachmittag zu Käse verarbeitet werden. Eine kräftige Pumpe schlürft den Rohstoff über einen dicken Schlauch in den zuvor akribisch mit Jod gereinigten Kessel. Während Birgit als Molkereitechnikerin für die Käserei verantwortlich ist, managt Tönne den bäuerlichen Betrieb. Der Hof: 55 Hektar, 136 Stück Großvieh, davon 48 Milchkühe, 12 Hühner, zwei Pferde, ein Hund und im Dachstuhl ein paar Eulen und Schwalben. Das ist Durchschnitt in dieser Region. Ansonsten ist der Betrieb das absolute Gegenteil vom Durchschnitt, er ist etwas Besonderes.

Zum Mittagessen treffen sich alle in der riesigen Wohnküche am schweren Eichentisch: Birgit und Tönne sind da, Sohn Felix (13 Jahre) und auch Ahmet. Die anderen vier Kinder sind noch in der Schule. Es gibt Reis mit Hühnerfrikassee, zum Dessert Quarkspeise. Das Huhn kam aus dem eigenen Stall, der Quark aus der eigenen Käserei. Es ist Zeit zum Klönen. „Was ist besonders an eurem Betrieb?“. Niemals oberlehrerhaft aber mit voller Überzeugung erzählt, plaudert und plappert Birgit von qualitativ hochwertigen naturbelassenen Lebensmitteln aus regionaler Produktion. Keine Konservierungsstoffe, keine genmanipulierten Zutaten, Rohstoffe vom eigenen Hof. Das Futter für das Vieh kommt aus eigenem Anbau. Birgit ist im Gegensatz zu Tönne, dessen Familie seit 400 Jahren hier lebt, keine „Alteingesessene“. Sie ist Akademikerkind, der Vater emeritierter Professor. „Ich komme aus der Öko-Szene“, sagt die Studierte mit Photographenausbildung. Sie ist auch Aktivistin bei Slow Food, dem Verein für verantwortungsvolle Lebensmittelproduktion.

Kleine Hofkäsereien sind selten geworden. Milch, Käse und Joghurt kommen heute aus großen Fabriken. Hier aber werden nur geringe Mengen hergestellt, für ein Rinderfilet aus dem Bisping’schen Stall steht man auf einer Warteliste. Die Tiere werden persönlich zum Schlachter begleitet. Stressfreiheit bringt exzellentes Fleisch. Der Vertrieb der Produkte läuft über den Hofladen, einige Marktbeschicker aus der Region und einen Versandspezialisten. „Industriell hergestellte Lebensmittel machen uns krank und verderben die Esskultur“, erklärt Birgit und schiebt nach: „Die Menschen schätzen unsere Handarbeit. Wir haben keine Absatzprobleme.“ Jetzt ist endlich Gelegenheit, nach dem Geld zu fragen. Man liest es ja jeden Tag in der Zeitung: Die Wirtschaftskrise macht großen Konzernen ebenso zu schaffen wie kleinen Mittelständlern.

„Wie gesagt, wir haben keine Absatzprobleme. Wir haben unsere Nische gefunden. Unsere Kunden sparen nicht, wenn es um die Qualität ihrer Lebensmittel geht.“ Birgit erzählt davon, wie ein Versandhaus den Einkaufspreis neu verhandeln wollte. „Der Einkäufer hat gesagt, wir müssten noch mal über den Preis reden“, schmunzelt sie. „Ich habe ihm einfach eine neue Rechnung geschickt und zehn Prozent drauf geschlagen. Er hatte sich das wohl anders vorgestellt, aber ich lasse mich nicht unter Druck setzen.“ So eine Strategie kann man sich wohl nur aus einer sicheren Position heraus erlauben, wenn man tatsächlich keine Absatzprobleme hat. „Und die Milchpreise allgemein?“ „30 Cent pro Liter sind zu wenig. Das spüren wir. Aber der größte Teil unserer Milch geht ja in die eigene Produktion. Das macht uns unabhängiger“, sagt Tönne und macht ein gleichgültiges Gesicht.

Es ist zwei Uhr: Birgit und Ahmet sind zurück in der Käserei, machen den traditionellen Rohmilchkäse. Tönne kümmert sich um das Vieh im neuen Stall. Frage: „Probleme mit EU-Vorschriften?“ Antwort: „Regeln müssen sein, auch wenn es manchmal nervt. Die EU ist wichtig für uns.“ Morgen gibt es hier Nachwuchs im Stall, ein Kälbchen ist auf dem Weg.
Birgit und Ahmet haben unterdessen die Milch pasteurisiert, Bakterienkultur, Calcium Chlorid und Lab zugefügt, später den Käsebruch zur Entwässerung in perforierte Zylinder gefüllt und mit Stahlgewichten gepresst. Er wird jetzt regelmäßig gewendet, am nächsten Morgen gesalzen, nach fünf Tagen gewachst und für mindestens sechs Monate zum Reifen abgelegt.

Der Schichtkäse vom Morgen ist inzwischen im Kühlraum verstaut, ein lehrreicher Tag geht zu Ende und Jack ist jetzt mein Freund.

Von Tobias Thieme