Mutter brutal getötet: Sohn vor Gericht

Ein 29 Jahre alter Mann soll die Wedeler Frauenrechtlerin Hülya A. erwürgt haben

Ein Hamburger muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht Itzehoe verantworten. Der 29-Jährige soll im Mai seine Mutter, die Wedeler Frauenrechtlerin Hülya A., getötet haben. Laut Staatsanwältin Maxi Wantzen hat der Mann seine Mutter am Vormittag des 3. Mai erwürgt und mit 44 Stichen verstümmelt. Die Anklage lautet auf Totschlag.

Der Angeklagte im grauen Pullover wird nach dem ersten Prozesstag in die Psychiatrie zurückgebracht. Foto: Thieme

Der Angeklagte im grauen Pullover wird nach dem ersten Prozesstag in die Psychiatrie zurückgebracht.
Foto: Thieme

Wedel/Itzehoe. Für die Familienmitglieder der im Mai getöteten Frauenrechtlerin Hülya A. aus Wedel muss unerträglich gewesen sein, was sie im Saal 11 des Itzehoer Landgerichts hörten. Etliche verließen den Raum, als eine Pathologin vom Institut für Rechtsmedizin in Hamburg beschrieb, welche Verletzungen Hülya A. zugefügt worden waren.

Auf der Anklagebank sitzt seit gestern ihr 29 Jahre alter Sohn. Er soll seiner Mutter nach Überzeugung von Staatsanwältin Maxi Wantzen am Vormittag des 3. Mai brutal das Leben genommen haben. Die Anklage lautet auf Totschlag. Der 29-Jährige ist derzeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Zeugen sprachen vor Gericht von einer paranoiden Schizophrenie, die bei ihm festgestellt worden sei.

Laut Wantzen war im Mai Folgendes passiert: Der Angeklagte suchte seine Mutter im Haus der Familie in Wedel auf. Er griff die 51 Jahre alte Frau an, umfasste ihren Hals, erwürgte sie und entstellte anschließend ihren Körper. Die Pathologin hatte während der rechtsmedizinischen Untersuchung der Toten mindestens 44 Stiche, etliche Brüche und andere Wundmale, die der Wedelerin mit einem Messer und vermutlich weiteren Werkzeugen zugefügt worden waren, festgestellt. Nach Einschätzung der Pathologin war sie jedoch bereits zuvor im Würgegriff des Täters gestorben.

Polizisten hatten die tote Frau gegen 16 Uhr gefunden, nachdem Nachbarn die Beamten alarmiert hatten. Hülya A. war nicht wie vereinbart zu einem Termin erschienen. Besorgte Verwandte hatten sich deswegen vor dem Haus versammelt und lautstark gefordert, die Tür zu öffnen.

Die Mordkommission fahndete bereits wenige Stunden später nach dem 29-jährigen Sohn. Er wurde schließlich im Berliner Hauptbahnhof festgenommen und später in eine psychiatrische Klinik gebracht, wo er derzeit in Behandlung ist.

„Es ist grauenhaft zu hören, wie ein Sohn seine Mutter so sehr verletzen kann“, sagte ein Cousin des Witwers am Ende des ersten Verhandlungstags. Dabei sei schon länger bekannt, dass der Angeklagte an psychischen Störungen mit Wahnvorstellungen leide. „Es ist unglaublich, dass er noch frei war. Da hat der Staat versagt“, beklagt er.

„Er fühlte sich von Nachbarn und der eigenen Familie verfolgt, fürchtete eine Verschwörung von Illuminaten.“
Ein Zeuge vor Gericht

Dass der 29-Jährige an Wahnvorstellungen litt, gaben auch der Ehemann von Hülya A. sowie ihr jüngerer Sohn und Bruder des Angeklagten an. Beide sagten als Nebenkläger vor der fünften Strafkammer unter Vorsitz von Richter Eberhard Hülsing aus. „Mein Bruder hatte schon als kleiner Junge sadistische Züge, hat andere runtergemacht, sich für den Größten gehalten“, sagte der 23-Jährige. Während der vergangenen sechs Jahre seien dann stärker werdende Wahnvorstellungen hinzugekommen. „Er fühlte sich von Nachbarn und der eigenen Familie verfolgt, fürchtete eine Verschwörung von Illuminaten. Er dachte, jemand wolle ihn vergewaltigen und töten.“ Deswegen habe er immer wieder gedroht, Familienmitglieder zu töten. „Wir hatten alle Angst um unser Leben.“ Dem Vater habe er vorgeworfen, Neugeborene zu verspeisen, wie der 54-Jährige und sein jüngerer Sohn übereinstimmend sagten.

Der Angeklagte sei mehrfach in psychiatrischen Kliniken untergebracht gewesen. „Mein Bruder war charismatisch, hat die Gutachter immer wieder getäuscht, um freizukommen“, sagte der 23-Jährige. Die Behörden hätten nicht ausreichend reagiert. Und immer wieder habe er Familienmitglieder und Fremde angegriffen. Im Frühjahr musste die Polizei nach Aussagen von Beamten wöchentlich mehrfach ausrücken, weil der Angeklagte aggressiv wurde.

Der 29-Jährige war nach Zeugenaussagen 2008 selbst Opfer einer Gewalttat in Hamburg geworden. Demnach hatten ihn mehrere fundamentalistische Muslime niedergeschlagen, weil er sich als Alevit, als Anhänger einer muslimischen Konfession, zu erkennen gegeben hatte. Die schweren Kopfverletzungen hätten nach Vermutung mehrerer Zeugen die starken Wahnvorstellungen verursacht.

Der Angeklagte äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Die Verhandlung soll morgen fortgesetzt und ein psychiatrisches Gutachten präsentiert werden. Außerdem soll die Entscheidung des Gerichts fallen.

Tobias Thieme, Pinneberger Tageblatt vom 5. November 2014

Hinterlasse einen Kommentar